Die Klarinette ist ein transponierendes Musikinstrument aus der Familie der Holzblasinstrumente. Sie hat eine vorwiegend zylindrische Bohrung und ist mit einem Mundstück mit einfachem Rohrblatt ausgestattet. Der Name des Instruments („kleines Clarino“) wird darauf zurückgeführt, dass sie im hohen Register ähnlich klingt wie die hohe Clarin-Trompete, deren Funktion sie im 18. Jahrhundert auch teilweise einnahm. Spieler der Klarinette nennt man Klarinettisten.
Der Korpus der Klarinette besteht üblicherweise aus Grenadillholz, auch aus Buchsbaum- oder Ebenholz, seltener aus Metall oder verschiedenen Kunststoffen. Die Klappenmechanik ist in der Regel aus versilbertem Neusilber, selten aus Messing, Silber oder Gold. Die Gesamtlänge der B-Klarinette beträgt ungefähr 66 cm (71 cm bei der A-Klarinette), und die Innenbohrung ist etwa 13 mm weit.
Um einfacher hergestellt, transportiert und gewartet werden zu können, besteht die Klarinette aus fünf getrennten Teilen, die mit korkbelegten Zapfen ineinander gesteckt werden:
Zum Stimmen des Instrumentes verwenden Klarinettisten einerseits Birnen unterschiedlicher Längen, andererseits kann auch die Birne einige Millimeter aus dem Oberstück gezogen werden, um tiefer zu intonieren.
Üblicherweise wird die B-Klarinette zunächst auf dem notierten h1 gestimmt (klingend a), ggf. werden h und h2 verglichen. Auch die Überprüfung der Unterquinte e oder der e-moll-Dreiklang sind weitere Indizien für die Sauberkeit der Intonation. In extremen Fällen kann außer dem Birnenauszug noch das Oberstück aus dem Unterstück gezogen werden (Korrektur in der Mitte), falls die Stimmung viel zu hoch ist. Im Gegensatz zu Sinfonieorchestern oder Kammermusikensembles stimmen Blasorchester (der Blechbläser wegen) oft auf dem klingenden b ein. In dem Fall spielen die Klarinettisten dann notiert c.
Durch den Luftstrom, der vom Musiker in das Instrument geblasen wird, beginnt das am Mundstück befestigte Rohrblatt hin- und herzuschnellen. Dadurch entsteht eine Schwingung in der Luftsäule. Die Klarinette verhält sich dabei wie ein einseitig geschlossenes zylindrisches Rohr (am Mundstück geschlossen, am Trichter offen). Das heißt, nur ein Viertel der Wellenlänge befindet sich im Rohr. Daher klingt die Klarinette bei gleicher Rohrlänge eine Oktave tiefer als die Flöte, die ein beidseitig offenes Rohr ist, bei dem sich die halbe Welle im Rohr befindet.
Die Wellenlänge und damit auch die Frequenz dieser Schwingung hängt von der Länge des Korpus ab, die durch Öffnen und Schließen der Tonlöcher und Klappen verändert wird. Das Überblasen wird durch eine Überblasklappe ermöglicht. Darüber hinaus kontrolliert der Spieler mit der Unterlippe und dem Luftstrom auch die Vibration des Rohrblatts, wodurch er sowohl den Klang als auch die Intonation beeinflusst.
Weil die Klarinette ein einseitig geschlossenes zylindrisches Rohr ist, weist das Spektrum der Klarinette im Chalumeau-Register (s. u.) überwiegend Obertöne ungeradzahliger Ordnung auf. Daraus resultiert ihr eher dunkler (gedackter) Klang in der Tiefe.
Aus dem gleichen Grund überbläst die Klarinette in die Duodezime (also von 1/4 Wellenlänge nach 3/4 Wellenlänge) und nicht in die Oktave wie etwa die Flöte oder auch das Saxophon, bei dem wegen des konischen Rohrs wieder andere Verhältnisse herrschen. Dadurch hat die Klarinette einen großen Tonumfang (praktisch eine ganze Oktave mehr als zum Vergleich Saxophon, Oboe oder Blockflöte). Das dritte Register überbläst zwei Oktaven und eine Terz (also zu 5/4 der Wellenlänge). Der gesamte Tonumfang der Klarinette beträgt fast vier Oktaven.
Die Obertonreihe der einzelnen Register charakterisiert auch ihren Namen. So heißt das tiefe, dumpfe Register Chalumeau-Register, da es dem Klang des Chalumeau entspricht, das noch nicht in ein höheres Register überblasen konnte. Bisweilen wird das Register Schalmei-Register genannt (Schalmei und Chalumeau haben dieselbe etymologische Wurzel), was aber irreführend ist, da der Klang der Schalmei im Gegenteil laut und offen ist. Das Mittel-Register heißt Clarinregister und erinnert an den Klang in hoher Lage gespielter Blechblasinstrumente (Clarinblasen). Das hohe Register trägt den Namen Flageolett-Register, der auf den Charakter einer Flageolett-Flöte hinweist.
Die Artikulation erfolgt bei der Klarinette meistens durch einen Zungenschlag, der auch als Zungenstoß bezeichnet wird, kann aber, für besonders weich einsetzende Töne, auch durch den kontrollierten Luftstrom allein erfolgen.
Zwei vorherrschende Griffsysteme sind das deutsche System (Oehler-System) und das französische System (Böhm-System). Die Grifftechnik der deutschen Klarinetten leitet sich von der Barock-Blockflöte ab. Das Böhm-System (es beruht auf Theobald Böhms Entwicklungen für die Querflöte) kommt ohne Rollverbindungen aus und vermeidet einige Gabelgriffe. Die Einfachheit der Griffe der französischen Klarinette verbunden mit der Klappentechnik der deutschen Klarinette findet sich auf modernen Saxophonen. Typisch sind vor allem Rollverbindungen zwischen Klappen.
Neben Unterschieden in der Griffweise benutzt das Böhm-System ein Mundstück mit weiterer Öffnung und ein breiteres Blatt. Dadurch ist der Klang der Böhmklarinette schärfer, flexibler und obertonreicher. Der Klang der Deutschen Klarinette wirkt reiner, sonorer und wärmer. Da jedoch unterschiedliche Mundstücke, Blätter, und hauptsächlich die Vorstellung des Spielers wesentlich zum Klangergebnis beitragen, kann natürlich auch auf Böhm-Klarinetten ein sehr reiner Klang bzw. ein flexibler heller Sound auch auf deutschen Klarinetten erzeugt werden.
In der klassischen Orchestermusik ist das deutsche System oder Oehler-System hauptsächlich in Deutschland und Österreich verbreitet, während das Böhm-System überall sonst Verwendung findet (dieses wird dafür jedoch in deutschen Symphonieorchestern meist abgelehnt). Innerhalb nicht-klassischer Musik, insbesondere dem Jazz, ist das Böhm-System stärker verbreitet, auch einige Dixieland- und Klezmerspieler ziehen es deutschen (Albert-System) Klarinetten vor, da das Schleifen der Noten (Glissando) wegen des breiteren Blattes einfacher ist. Neben den beiden genannten Systemen gibt es auch weitere, weniger berühmte, wie z. B. das „Pupeschi-System“ oder das „Mazzeo-System“ – diese konnten sich jedoch nicht durchsetzen.
Es gibt traditionell starke Verfechter des einen oder anderen Systems und hochkarätige Solisten in beiden Lagern. Trotzdem sind die beiden Griffsysteme ein vieldiskutierter „Streitpunkt“ bei vielen Klarinettisten, da Spieler oft sehr von ihrem eigenen System überzeugt sind und unbegründete Vorurteile gegenüber dem anderen haben. Tatsächlich haben aber beide Systeme ihre Berechtigung und sind für bestimmte Komponisten, bestimmte Literatur bzw. bestimmte Stilrichtungen besser oder schlechter geeignet.
Die Familie der Klarinetten hat zahlreiche Vertreter in unterschiedlichen Größen, weil sich die zylindrische Bohrung und das flexible Klappensystem besonders gut für bauliche Experimente eignen. Schon Richard Strauss berichtet (in seiner Überarbeitung von Berlioz’ Instrumentationslehre) von einer Aufführung der Mozartschen g-moll-Symphonie mit einem reinen Klarinettenorchester, das sich aus Instrumenten der verschiedensten Stimmungen zusammensetzte. Fast alle Klarinetten sind transponierende Instrumente und müssen daher dementsprechend notiert werden.
Im modernen Gebrauch sind in erster Linie vier Größen üblich: Die „normale“ Klarinette in B, die auch im Jazz und in der Volksmusik verwendet wird, klingt einen Ganzton tiefer als sie notiert wird. Im Orchester gesellt sich zu ihr die A-Klarinette, sie klingt eine kleine Terz tiefer als notiert. Die abwechselnde Verwendung dieser beiden Typen ist vor allem technisch zu begründen, da sie klanglich fast identisch sind: Passagen in B-Tonarten lassen sich auf dem B-Instrument leichter ausführen, die A-Klarinette ist für Kreuz-Tonarten spieltechnisch besser geeignet. Im oberen Kasten sind beide Typen nebeneinander abgebildet (die B-Klarinette mit, die A-Klarinette ohne Mundstück).
Für einige Komponisten steht allerdings gerade der klangliche Unterschied zwischen den beiden Bauweisen – in A oder in B – im Vordergrund und nicht, wie hier dargestellt, die leichtere Griffweise. So wird dort die A-Klarinette für einen weicheren oder wärmeren Klang eingesetzt, auf problematische Tonarten wird dabei keine Rücksicht genommen.
Für hohe Stimmen mit speziellen Klangeffekten wird seit Mitte des 19. Jahrhunderts oft die Es-Klarinette verwendet, deren schriller Ton in Blaskapellen und böhmisch-mährischer Volksmusik, aber auch im groß besetzten Symphonieorchester zum Einsatz kommt. Wegen ihres durchdringenden Klanges wird sie im Orchester normalerweise nur einzeln besetzt. Doch sie kann sich auch sehr gut anpassen und mit dem Orchester mischen, ohne besonders herauszustechen. Analog zum normalen Satz aus B- und A-Klarinette gesellt sich zur kleinen Klarinette in Es diejenige in D. Richard Strauss fordert sie in seiner Tondichtung Till Eulenspiegels lustige Streiche. Üblicherweise wird die Stimme aber auf der Es-Klarinette transponiert gespielt.
Hauptsächlich im Orchester und in der sinfonischen Blasmusik, vereinzelt auch im Jazz, ist die Bassklarinette in B zuhause, die eine Oktave unter der B-Klarinette klingt. Ihr Tonumfang ist oftmals über das tiefe e hinaus erweitert, maximal bis c. Der tiefste Ton ist somit (klingend) Kontra-B.
Seltenere hohe Instrumente sind die Hoch-G-Klarinette (es gibt auch eine tiefe G-Klarinette), das „picksüße Hölzl“, das ausschließlich in der Wiener Schrammelmusik gespielt wird, und die C-Klarinette, die im 19. Jahrhundert noch weit verbreitet war. Dieses einzige nicht-transponierende Familienmitglied wird heute üblicherweise durch die B-Klarinette ersetzt, was dazu führt, dass aus C-Stimmen transponiert, also vom Blatt einen Ganzton höher gespielt werden muss.
Das Bassetthorn in F wurde vor allem von Wolfgang Amadeus Mozart sehr geliebt und in einigen seiner Opern (Die Zauberflöte), Kammermusikwerken und dem Requiem verwendet. Auch Felix Mendelssohn Bartholdy und Richard Strauss setzten es ein (Elektra, Die Frau ohne Schatten), und heute erlebt es eine Renaissance in der neueren Quartettliteratur für Klarinette. Der Tonumfang des Bassetthorns ist mittels der sogenannten Bassettklappen nach unten bis c erweitert (vgl. Bassettklarinette, Bassklarinette bis tief c). Dadurch beträgt der Tonumfang volle vier Oktaven. In der Blasmusik übernehmen die Rolle der Mittellage zwischen normaler und Bassklarinette die Altklarinetten in Es.
In der griechischen sowie in der türkischen Volksmusik werden Tief-G-Klarinetten verwendet. Die Instrumente haben deutsche Griffweise und eine gerade Bauform, es gibt sie sowohl in Holz, als auch in Metall. Die Mechanik ist meist nach Albert, man findet aber auch die moderne Form. Die Stimmung ist eine reine Quarte tiefer als notiert, man kann sie also in die Altlage einordnen.
Die hohe As-Klarinette spielte früher die höchste Klarinettenstimme in der frühen Blasmusik und wird heute durch die Es-Klarinette ersetzt, ebenso wie die hohe D-Klarinette, die beispielsweise im barocken Klarinettenkonzert von Johann Melchior Molter oder in der Wiener Tanzmusik (Johann Strauß) zu finden ist. Beide Bauformen werden heute nicht mehr serienmäßig hergestellt.
Die Bassettklarinette (in A, B oder auch C) ist das dem Bassetthorn ähnliche Instrument, für welches Mozart sein Klarinettenkonzert KV 622 komponierte, das heute nur in rekonstruierten Fassungen vorliegt. Die Bassettklarinette wurde 1788 von dem Wiener Hofinstrumentenmacher Lodz erfunden[1] und von Mozarts Freund Anton Stadler (1753–1812) verbessert. Er fügte zur normalen Klarinette noch die tieferen Töne Dis, D, Cis, C und H hinzu. Die tiefsten Passagen des Konzerts wurden nach Mozarts Tod nach oben oktaviert, um es auf der verbreiteten A-Klarinette spielen zu können. Einige Instrumentenbauer haben in letzter Zeit moderne Sonderanfertigungen dieser Bauform hergestellt, so dass neuere Einspielungen, zum Beispiel jene durch Sabine Meyer, ein authentischeres Bild des Werks vermitteln können.
Im Blasorchester werden fallweise die Altklarinette in Es und die Kontra-Altklarinette in Es zur Verstärkung des tiefen Klarinettenregisters verwendet. Weitere Bassinstrumente der Familie sind die Kontra-Bassklarinette in B (die letzten beiden werden auch gelegentlich in Musicals (z. B. A Chorus Line, The Producers) eingesetzt)und die sehr seltene Subkontra-Altklarinette in Es, sowie die Subkontra-Bassklarinette in B, von der weltweit nur wenige Exemplare existieren.
Der kanadische Klarinettenbauer Steven Fox konstruiert Klarinetten, die in der Bohlen-Pierce-Skala gestimmt sind. Wegen der hohen Kompatibilität dieser Skala mit Klarinetten können diese auch in Bezug auf die Klappenmechanik deutlich einfacher ausgeführt sein.
Die Geschichte der Einfachrohrblattinstrumente reicht bis in die Antike zurück. Seit altägyptischer Zeit, in der klassischen Antike sowie im Mittelalter ist eine große Fülle unterschiedlicher Instrumentenformen, häufig mit gedoppeltem Schallrohr nachgewiesen. Bei den Rohrblättern dieser Instrumente entsteht die schwingende Zunge durch einen Einschnitt in den Halm eines Rohres (ideoglottes Rohrblatt).
In Regionen mit lebendiger traditioneller Musiktradition sind entsprechende Instrumente z. T. bis in die Neuzeit erhalten geblieben (z. B. Sipsi).
Das Chalumeau ist erst seit dem Ende des 17. Jhds. nachweisbar und somit nur wenig älter als die Klarinette. Gegenüber früheren Einfachrohrblattinstrumenten, die z. T. auch schon als Chalumeau/ Schalmei bezeichnet wurden, kann beim Chalumeau das Rohrblatt vom Mundstück gelöst werden (heteroglottes Rohrblatt). Das Chalumeau hat eine zylindrische Röhre. Es besitzt keine Überblasklappe und ist daher auf einen Tonumfang von einer großen None beschränkt. Ähnlich der Blockflöte hat es acht Grifflöcher, manchmal ergänzt um eine oder zwei Klappen zur Erweiterung des Tonumfangs. Chromatische Töne werden mit Gabelgriffen gespielt.
Um 1700 begannen deutsche Instrumentenbauer, das Chalumeau weiterzuentwickeln. Die bedeutendste Errungenschaft auf dem Weg zur Klarinette gelang dem deutschen Instrumentenbauer Johann Christoph Denner. Seine Weiterentwicklung der Chalumeau war die, dass er ein Instrument anfertigte, das mit einer Zusatzklappe zum Überblasen versehen war. Weil dieses Instrument im mittleren und hohen Register einen lauten, klaren Klang hatte, der an den der Barocktrompete (wegen des „Clarinspiels“ auch als Clarino bezeichnet) erinnerte, wurde es von Mayer im „Museum musicum“ (1732) als Clarinetto, also kleine Trompete bezeichnet. Da die ersten Klarinetten für die tiefe Lage jedoch nicht gut geeignet waren, wurden auch weiterhin Chalumeaus gebaut, heute noch nennt man die tiefste Lage der Klarinette das Chalumeau-Register. Die Denner-Klarinette hatte nur zwei Klappen, doch verschiedene andere Hersteller fügten bald weitere hinzu, um zusätzliche Töne spielbar zu machen. Das klassische Instrument, wie Mozart es kannte und liebte, hatte acht Grifflöcher und etwa fünf Klappen.
Der nächste wichtige Entwicklungsschritt war die Erfindung der modernen Polster: Frühe Klarinettenklappen bedeckten die Tonlöcher mit Filzscheiben. Da diese aber nicht sehr dicht waren, musste die Anzahl der Klappen klein bleiben, und nicht alle Töne konnten sauber und schön klingen. Im Jahre 1812 entwickelte Iwan Müller, ein russischer Klarinettist, ein neuartiges Polster aus Leder, das das Loch erstmals luftdicht abdeckte. Er baute eine Klarinette mit sechs Grifflöchern und dreizehn Klappen, die in fast jeder Tonart ohne Probleme gespielt werden konnte. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden diesem System, das weltweit Anklang fand, noch weitere Zusatzklappen hinzugefügt.
Hyacinthe Klosé entwarf 1839 eine völlig neue Anordnung der Löcher und Klappen, die stark von den von Theobald Böhm erstellten Berechnungen beeinflusst war, die dieser auf den Bau der Querflöte angewandt hatte. Nach ihm benannte er seine Erfindung auch Böhm-System. Da diese Griffweise völlig neuartig konzipiert war und die das Müller-System gewohnten Musiker komplett umlernen mussten, setzte es sich jedoch nur langsam durch. Mittlerweile aber ist die Böhmklarinette, vom deutschen Sprachraum abgesehen, das internationale Standardinstrument. Siehe auch: Griffsysteme.
Die Wiener Klarinette ist ein für Österreich typisches Instrument. Diese besondere Art der Deutschen Klarinette unterscheidet sich von der deutschen Schwester durch eine weitere Bohrung, dickere Wandstärken und eine andere Mundstücksbahn. Wiener Blätter sind breiter als deutsche Blätter; sie sind auch stärker und haben einen anderen Blattkern.
Die Wiener Klarinette verleiht – neben anderen Wiener Instrumenten, wie z. B. Wiener Oboe, Wiener Horn, Wiener Schlagwerk – den österreichischen Orchestern ihren typischen Klang. Die Wiener Instrumente basieren auf einer volleren, weicheren Klangvorstellung, wodurch sich diese Instrumente klanglich besser in den Orchesterklang integrieren. Eine besondere Klarinette in der Wiener Volksmusik ist die G-Klarinette. Sie ist einen Halbtonschritt tiefer gestimmt als die selten verwendete As-Klarinette. Sie wird in der Volksmusik, besonders dem Schrammel-Quartett, verwendet und dort auch als picksüßes Hölzl bezeichnet.
Aus den zahlreichen Werken für Klarinette und Klavier sind vor allem die beiden Sonaten von Brahms, die Fantasiestücke von Robert Schumann und die vier Stücke von Alban Berg hervorzuheben. Weitere Sonaten komponierten Felix Draeseke, Camille Saint-Saens, Max Reger, Arnold Bax, Paul Hindemith, Francis Poulenc, Leonard Bernstein und Aaron Copland.
Es gibt auch eine reiche Literatur an Klarinettenkonzerten, das bekannteste dürfte das Klarinettenkonzert KV 622 von Wolfgang Amadeus Mozart sein. Auch Carl Maria von Weber, Ludwig Spohr, Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Krommer, Johann Melchior Molter und Mitglieder der Stamitz-Familie schrieben bekannte und bis heute häufig aufgeführte Klarinettenkonzerte, später komponierten Claude Debussy, Igor Strawinski oder Aaron Copland Werke für Soloklarinette mit Orchesterbegleitung. Erwähnung verdient weiterhin das Klarinettenkonzert von Carl Nielsen. Einen Höhepunkt in technischer und auch musikalischer Raffinesse markiert das Klarinettenkonzert von Jean Françaix (1968), jedoch wird es wegen seiner hohen Anforderungen an den Solisten wie auch an das Orchester nur selten aufgeführt.
Die völlig unbegleitete Klarinette wurde von vielen Komponisten, vor allem im 20. Jahrhundert mit Solokompositionen bedacht. Die prominentesten Vertreter sind hier die drei Stücke von Igor Strawinski, das Capriccio von Heinrich Sutermeister, Luciano Berios Sequenza IXa, die Solo-Sonaten von Germaine Tailleferre und John Cage, sowie L’abîme des oiseaux von Olivier Messiaen.
In der reinen Bläserkammermusik gibt es kaum eine Formation ohne Klarinette. In Harmoniemusiken, Bläseroktetten und -sextetten sind meistens zwei, im Holzbläserquintett ist eine Klarinettenstimme besetzt. Eine weitere wichtige Besetzung ist das moderne Klarinettenensemble mit Klarinetten, Bassetthörnern, Es-Klarinette, Bassklarinette und Saxophonen oder das Klarinettenquartett aus zwei Klarinetten, Bassetthorn und Bassklarinette. Außerdem hat die Klarinette in den Quintetten für Klavier und Bläser von Mozart und Beethoven mancherlei Aufgaben.
In der gemischten (Bläser- und Streicher-) Kammermusik ist zuallererst das Klarinettenquintett zu nennen, das den Klang des solistischen Blasinstruments mit einem Streichquartett kombiniert. Vor allem die Quintette von Mozart und Brahms sind hier hervorzuheben. In der größeren gemischten Besetzung, wie im Schubert-Oktett oder Beethoven-Septett teilt sich die Klarinette mit der ersten Violine oft die Hauptstimme. Berühmte Trios schrieben Mozart (Klarinette, Viola, Klavier) und Brahms (Klarinette, Violoncello, Klavier). Olivier Messiaen besetzt in seinem Quatuor pour la fin du temps (Quartett zum Ende der Zeit) Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier.
Abgesehen von einigen solistischen Einsätzen, z. B. in Werken von Antonio Vivaldi, war das Chalumeau nie wirklich im barocken Orchester integriert. Erst mit der Weiterentwicklung zur Klarinette konnte sich das Instrument neben den anderen Holzbläsern behaupten. Im Sinfonieorchester sitzen die Klarinettisten meistens in der zweiten Holzbläserreihe neben den Fagottisten; wobei die ersten Bläser beider Gruppen (Soloklarinettist und Solofagottist) direkt nebeneinander sitzen.
Wolfgang Amadeus Mozart hörte 1778 in Mannheim Sinfonien von Carl Stamitz und schrieb an seinen Vater:
Mozart bemühte sich von diesem Zeitpunkt an, dieses Instrument auch in Österreich im Orchester zu integrieren, und es ist mit sein Verdienst, dass in den Symphonien von Beethoven die Klarinette bereits fest zur Bläsergruppe gehört und gleichwertig mit der Oboe oder Flöte eingesetzt wird. Besonders charakteristische Stellen findet man in den innigsten Momenten vieler Mozart-Opern und in den langsamen Sätzen der Beethoven-Symphonien. Zu dieser Zeit wurden üblicherweise zwei Klarinetten im Orchester besetzt.
Bei vielen Komponisten der Romantik ist die Klarinette, ähnlich der Oboe in der Barockzeit, das Instrument der Wahl für intime, gesangliche Passagen (beispielsweise in den Symphonien von Mendelssohn oder Brahms). Auch im romantischen Opernorchester wird sie gerne mit ausdrucksvollen Gesangslinien bedacht. Außerdem vergrößert sich die Klarinettengruppe im Orchester, oft kommen drei oder mehr Spieler zum Einsatz, die zum Teil auch Nebeninstrumente spielen. Vor allem im romantischen Opernorchester spielt z. B. die Bassklarinette eine zunehmende Rolle (etwa in den Opern von Richard Wagner). Die Klarinettenpartien aus Opern von Richard Strauss sind so wichtig und anspruchsvoll, dass sie bis heute als Pflichtstücke bei Vorspielen verlangt werden. Einzelne Komponisten (z. B. Schostakowitsch in seiner Oper Lady Macbeth von Mzensk) besetzen bis zu fünf oder sieben (Richard Strauss, Elektra) Klarinettisten.
Zu Beginn des 20. Jahrhundert beeinflusste der neuartige Jazz auch die Konzertmusik, und naturgemäß wurde hierbei die Klarinette als verbreitetes Jazz-Instrument, das aber auch im Orchester vertreten ist, zunehmend verwendet. Ein weltbekanntes Beispiel ist der Beginn der Rhapsody in Blue von George Gershwin. Neuere Komponisten schätzen die Klarinette vor allem wegen ihrer Wendigkeit in allen Registern.
In Blasorchestern und Militärkapellen wird die Klarinette unter anderem für schnelle Solopassagen verwendet. In Blasmusikbearbeitungen symphonischer Werke übernehmen die in zwei oder mehr Gruppen geteilten Klarinetten häufig die Geigenstimmen. Sie spielen dort weitgehend in ihrem oberen Tonbereich, in dem sie sich leicht von den anderen Instrumenten abheben. In größeren Blasorchesterbesetzungen werden zu den vorherrschenden B-Klarinetten, die chorisch besetzt sind, auch noch die tiefere Alt-Klarinette (in Es) und die Bassklarinette (in B) gespielt. Die Kontra-Alt-Klarinette in Es und die Kontrabass-Klarinette in B sind selten anzutreffen. Beispiele für die Kontrabassklarinette finden sich bei zeitgenössischen Komponisten, u. a. György Ligeti (Lontano) und Iannis Xenakis (Jonchaies).
In böhmisch-mährischer Volksmusik wird sie meist zweistimmig (Es und B) besetzt und hat, abgesehen von eigenen Solopassagen, verzierende Funktion. Da die häufigen Pralltriller und Sechzehntelfiguren an Vogelgezwitscher erinnern, werden ihr oft Namen von Singvögeln gegeben z. B. in den Titeln Gesang der Lerche oder Amselbrüder.
Vor allem im frühen Jazz war die Klarinette ein zentrales Instrument, der Gipfel ihrer Popularität war in der Dixieland Jazz- und Big Band-Ära der 1930er und 1940er Jahre, als Klarinettisten wie Sidney Bechet, Benny Goodman, Artie Shaw, Johnny Dodds, George Lewis und Woody Herman die wohl erfolgreichsten Unterhaltungsmusikgruppen ihrer Zeit anführten. Ähnlich wie bei den Beatles, die eine Generation später viele Menschen dazu brachten, Rockmusik zu machen, begannen viele junge Menschen unter diesem Einfluss, Klarinette zu spielen.
Mit der sinkenden Beliebtheit der Big-Bands in den späten 1940ern entfernte sich das Instrument von der zentralen Position. Es wurde vor allem vom Saxophon verdrängt. Obwohl einige Musiker wie Buddy DeFranco, Tony Scott, Jimmy Giuffre, Rolf Kühn, Perry Robinson, Theo Jörgensmann oder John Carter die Klarinette auch für Bebop und Free Jazz einsetzten, konnte die Klarinette bis heute ihren alten Stellenwert nicht mehr erreichen.
In der zeitgenössischen Improvisationsmusik kann man sie wieder öfter hören.
Im Dixieland-Revival der 1950er Jahre wurden Klarinettisten wie Acker Bilk und Monty Sunshine berühmt und gelangten mit ihrer Musik sogar in die Hitparaden der Popularmusik. In der populären Jazzmusik fand auch die selten eingesetzte Metallklarinette ihren Platz.
Derzeit erwähnenswerte Jazzklarinettisten sind auch z. B. Eddie Daniels, Paquito D'Rivera oder Don Byron.
Jean-Christian Michel ist von der Kirchenmusik von Johann Sebastian Bach und vom anspruchsvollen „Europäischen“ Jazz inspiriert und spielt seine Kompositionen und Adaptationen auf der Klarinette.
Das German Clarinet Duo spielt eine improvisierte Kammermusik, in der Elemente des Jazz und der Neuen Musik durch eine jazzoide Zeitgestaltung miteinander verbunden werden.
Auch Woody Allen spielt Klarinette und hat in den Aufnahmen seiner Filmmusiken („Take the Money and run“, „The Sleeper“, „Radio Days“) selbst die Klarinette gespielt.
Der englische Musiker John Helliwell setzt die Klarinette als tragendes Melodieinstrument in der Rockgruppe Supertramp ein.
Musiker wie Tara Bouman oder Michael Riessler wiederum sind musikalische Grenzgänger, die aus der klassischen Musik kommen. Beide haben sich aber auch als Improvisatoren einen Namen gemacht.
In der Band Coppelius werden Klarinetten oft für Soli benutzt, die im Klang an Gitarrensoli erinnern sollen.
Zu diesen Spieltechniken haben sich gewisse Traditionen ausgebildet, die nicht auf die Bauweise der Instrumente zurückzuführen sind. Es ist also mit ein und demselben Instrument ohne weiteres möglich, ohne oder mit Vibrato zu spielen.
In der „klassischen Musik“ wird die Klarinette traditionell mit einem möglichst geraden, konstanten Ton gespielt. Das ist schon etwas Besonderes, wenn man im Vergleich an Violinen oder Gesangsstimmen denkt, die in diesen Musikrichtungen mit viel Einsatz von Vibrato erklingen.
Im Jazz und in der „U-Musik“ wird die Klarinette dagegen oft mit ausgeprägtem Vibrato gespielt, um den Klang weicher und lebendiger zu machen.
Auch im Klezmer (Giora Feidman, Joel Rubin) und der osteuropäischen Volksmusik (Iwo Papasow) findet die Klarinette reiche Verwendung als Solo- oder Begleitinstrument. Insbesondere auf dem ganzen Balkan (Yiorgos Mangas) ist die Klarinette ein Standardinstrument bis hin zu den kleinsten Besetzungen. Nicht ganz so unentbehrlich, aber immer noch wichtig ist die Klarinette in der alpenländischen Volksmusik. In einer anderen, dem verwendeten Tonsystem angepassten Bauform ist die Klarinette auch in der türkischen Folklore (Mustafa Kandirali) gebräuchlich.
Seltener wird sie in der Popmusik eingesetzt. Eine außergewöhnliche Mixtur aus Dixieland Jazz und Beatmusik findet sich z. B. in dem Stück When I’m Sixty-Four der Beatles.
Der erste große Klarinetten-Star war Anton Stadler (1753–1812), dem Wolfgang Amadeus Mozart fast sämtliche seiner Werke für Klarinette, Bassetthorn oder Bassettklarinette „auf den Leib“ schrieb. Er kam ursprünglich aus Prag, führte aber wegen seiner großen Beliebtheit in vielen europäischen Metropolen ein regelrechtes Wanderleben.
Ähnlich inspirierend dürfte der Münchner Hofmusiker Heinrich Joseph Baermann (1784–1847) auf Carl Maria von Weber gewirkt haben, der ihm zwei Konzerte, ein Concertino und Kammermusikwerke widmete. Sein Sohn Carl Baermann war auch Klarinettist und schrieb neben einigen Konzerten eine Klarinettenschule, die bis heute verwendet wird.
Ein Zeitgenosse Heinrich Baermanns, welcher als bedeutendster Virtuose seiner Zeit galt, war Johann Simon Hermstedt. Ihm widmete Louis Spohr, welcher im Gegensatz zu Weber keinerlei Rücksicht auf die noch vorhandenen technischen Probleme der Klarinette nahm, seine vier Klarinettenkonzerte. Diese „Rücksichtslosigkeit“ von Seiten Spohrs veranlasste Hermstedt, das Instrument entsprechend weiterzuentwickeln.
Auch Johannes Brahms, der in den 1890er Jahren eigentlich schon aufgehört hatte, zu komponieren, wurde vom schönen Ton des Autodidakten Richard Mühlfeld (1856–1907) dazu gebracht, kurz vor seinem Lebensende noch einige Klarinettenwerke zu komponieren. Für Benny Goodman komponierten Aaron Copland und Paul Hindemith ihre berühmten Klarinettenkonzerte. Auch Béla Bartók widmete Goodman seine Kontraste für Violine, Klarinette und Klavier.
Bedeutende Klarinettisten der Gegenwart sind Sabine Meyer, Dieter Klöcker, Ernst Ottensamer, Sharon Kam, Eduard Brunner und Wolfgang Meyer.
Weitere Musiker sind in der Liste von Klarinettisten aufgeführt.
Wie so viele andere Instrumente kann man auch das Klarinettenspiel privat, an Musikschulen, Konservatorien oder Kunsthochschulen erlernen. Vor der Anschaffung eines Instruments sollte unbedingt der zukünftige Lehrer konsultiert werden, der den Schüler über die Wahl des Systems und die Qualität der Klarinette beraten kann. Neben der Vermittlung von Grifftechnik, Haltung, Atemtechnik und Ansatz sollte ein guter Klarinettenlehrer auch in der Lage sein, Tipps für die Bearbeitung des Blatts zu geben.
In Klarinettenensembles, Blasorchestern, Amateur- oder Schulorchestern kann der fortgeschrittene Schüler seine erste Spielpraxis erhalten. Im professionellen Studium bieten sich zudem noch Kammermusikensembles oder Hochschulorchester an. Für die Aufnahme in ein Symphonieorchester ist das Gewinnen eines Probespiels vonnöten, bei dem Solokonzerte und schwierige Stellen aus Orchesterwerken vorzutragen sind. Die Vorbereitung solcher Probespiele ist einer der Schwerpunkte des professionellen Instrumentalstudiums.
Wichtige Etüden und Schulwerke für Klarinette stammen von Kalman Opperman, Friedrich Berr, Giovanni Battista Gambaro, Hyacinthe Klosé, Fritz Kröpsch, Rudolf Jettel, Ernesto Cavallini, Paul Jeanjean, Alfred Uhl und Reiner Wehle.